Warum werden eigentlich beim Lernen mit digitalen Medien nur selten Standards berücksichtigt? Im Straßenverkehr sind Standards völlig selbstverständlich. Form und Zweck von Verkehrszeichen sind in der Straßenverkehrsordnung festgeschrieben und es bestehen Normen dazu, wie Gaspedal, Bremse und Kupplung angeordnet sind. Dies erleichtert die eigene Bewegung auf den Straßen, selbst wenn man plötzlich mit einem fremden Auto in einer fremden Stadt unterwegs ist.
Von solchen Vereinbarungen ist die Welt des digitalen Lernens noch weit entfernt. Lernplattformen und weitere Lernangebote sind eher als „Inseln“ konzipiert und es ist nur schwer möglich, von einem Lernangebot zum nächsten zu springen, geschweige denn auf zwei Lernangeboten zwei unterschiedliche Funktionalitäten gleichzeitig zu nutzen – z.B. eine Plattform zum Lernen zu verwenden und ohne großen Aufwand auf einer anderen Plattform die Prüfung dazu abzulegen.
Dabei existieren längst viele Normen, Standards, Richtlinien und Empfehlungen für die Erstellung von Inhalten und Anwendungen zum digitalen Lernen, also Regeln, mit denen eine Einheitlichkeit von Lernelementen und/oder Lernprozessen hergestellt werden kann. Mit ihnen lässt sich untereinander „Interoperabilität“ herstellen. Interoperabilität ermöglicht, dass zwei oder mehr technische (Lern-)Systeme zielgerichtet interagieren und dabei Informationen austauschen, deren Bedeutung von allen Systemen geteilt wird.
Für alle, die anstreben, dass ihr Lernangebot im Internet mit anderen Angeboten harmoniert oder die schlichtweg mit ihren Angeboten leichter gefunden werden möchten, hat das Metavorhaben im Rahmen des BMBF-geförderten Innovationswettbewerbs INVITE ein Dossier erstellt, in dem auf 72 Seiten insgesamt 125 technische Standards, Gesetze, didaktische Prinzipien und ethische Leitlinien vorgestellt und systematisiert werden. Diese Systematisierung folgt entlang der verschiedenen Phasen des Weiterbildungsprozesses (z.B. Angebotssuche, Lernprozess, Dokumentation des Gelernten). Ergänzt wird diese Systematik durch eine Erläuterung zentraler Begriffe (was sind z. B. „Normen und Spezifikationen“? Wie unterscheiden sich diese von „Industrie- und Hersteller-Standards“?) sowie durch Empfehlungen, wie man Standards in den eigenen Lernangeboten berücksichtigen kann.
Zum Meta-Vorhaben von INVITE: Das mmb Institut und das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) betreiben im Rahmen des Innovationswettbewerbs INVITE zur digitalen Plattform berufliche Weiterbildung des BMBF ein begleitendes Meta-Vorhaben. Die Aufgabe von INVITE-Meta ist es, den Erkenntnis- und Innovationsprozess in und zwischen den Projekten systematisch zu unterstützen. INVITE-Meta bereitet dabei als Service-Projekt den Stand der Wissenschaft auf, führt eigene Studien durch und versteht sich als Lieferant von Expertise für das Gesamtprogramm INVITE. Hierfür arbeitet INVITE-Meta eng mit der fachlichen und administrativen Begleitung (BIBB) sowie mit der externen Digitalbegleitung zusammen.
Von: Dr. Lutz Goertz