Seit 2008 veröffentlicht das mmb Institut regelmäßig eine Übersicht über die verschiedenen digitalen Lernformen und Lernwerkzeuge unter dem Titel „Vielfalt der Lernformen“. Sie dient einer groben Einordnung der unterschiedlichen E-Learning-Tools nach dem Grad des Selbstlernens vs. kollaborativen Lernens und nach dem Grad ihrer Lernorganisation (formell/informell). Über die Jahre hinweg zeigt die Übersicht auch, welche Lernformen neu hinzugekommen sind und wie sich ihre Funktionen verändern. Zuletzt wurde die Grafik 2019 aktualisiert. Würden wir diese Darstellungsform fortführen, würde das Update für das Jahr 2020 so aussehen.

Doch ab diesem Jahr wollen wir stärker die Funktionen der Lernformen und ihren Einsatz in bestimmten Lernszenarien betonen. Deshalb haben wir folgende Darstellungsform gewählt:

 

Hier unterscheiden wir sechs Gruppen von Lernformen:

Selbstlernen – die Lerntools in dieser Gruppe dienen dem individuellen selbstorganisierten Lernen, beispielsweise beim Durcharbeiten eines Web Based Trainings (WBT) oder beim Lernen während der Arbeit mit „Learning Nuggets“.

Lehrerzentriertes Lernen – hier haben Lehrende, Trainer*Innen, Dozent*innen und Tutor*Innen eine durchführende bzw. moderierende Rolle. Dies trifft zu für Online-Seminare/Online-Sessions, aber auch für das Online-Tutoring/-Coaching, 1:1-Betreuung von Lernenden, z.B. per Telefon oder Videokonferenz.

Gruppenzentriertes Lernen – zum Lernen in selbstorganisierten Gruppen, beispielsweise durch das gemeinsame Arbeiten an einem Projekt mit Internet-Kollaborationstools wie „Google Drive“.

Gruppenzentriertes Kommunizieren – diese Lernwerkzeuge dienen dem Austausch und zur Selbstorganisation in Lerngruppen, z.B. durch die schnelle Abstimmung über das gemeinsame Vorgehen mit „WhatsApp“ oder dem fachlichen Austausch in einem Forum (u.a. LinkedIn-Gruppe).

Universelle Lernwerkzeuge – diese Gruppe enthält Lerntools, die sich lehrerzentriert, gruppenzentriert und zum Selbstlernen einsetzen lassen. Dies gilt beispielsweise für den Einsatz von Lernvideos, die man als Lernender zum Selbstlernen und als Lehrender im Präsenzunterricht nutzen kann, die man aber auch gemeinsam in der Gruppe produzieren kann („Lernen durch Lehren“).

Universelle Wissensorganisation – umfasst Lernwerkzeuge, die – unabhängig vom Lernszenario – zur Organisation und Klassifizierung von Lerninhalten dienen. So kann man beispielsweise alleine oder in der Gruppe Lerninhalte in einem Wiki-Lexikon systematisieren und abrufen.

In manchen Fällen lassen sich Lernformen auch zwei Segmenten zuordnen. So verbindet das Blended Learning klassische Präsenz- und Online-Seminare mit Gruppenarbeitsphasen und zählt deshalb zum sowohl zum lehrerzentrierten als auch zum gruppenzentrierten Lernen. Internet-Kollaborationstools wie Google Docs werden u.a. dazu genutzt, gemeinsame Gruppen- oder Projektarbeiten zu erstellen. Gleichzeitig dienen Kommentare am Rand der kollaborativen Dokumente dem kommunikativen Austausch im Gruppenprozess.

Auch die Dimension „formell vs. informell“ wurde in die neue Darstellungsform integriert: Je dichter die Lernformen am Innenkreis stehen, umso höher ist der Organisationsgrad des Lernens mit dieser Lernform.

Neu hinzugekommen sind übrigens gegenüber der Darstellung im Jahr 2019 drei Lernformen:

  1. Online-Tutoring bzw. -Coaching – eine Form der One-to-one-Betreuung, z.T. als zusätzliches Angebot von Online-Kursen oder Beratungspaketen, bei denen Dozent*Innen/Trainer*Innen/Tutor*Innen über Videokonferenz mit einzelnen Lernenden kommunizieren.
  2. Online-Prüfungen – Prüfungen mit und via Computer werden schon länger durchgeführt, wurden aber bislang nicht als eigene „Lernform“ wahrgenommen. Durch die Corona-Pandemie stellt sich umso mehr die Frage, wie man Abschlussprüfungen auch auf Distanz und gleichzeitig rechtssicher absolvieren kann. Hierfür gibt es sehr unterschiedliche Lösungen, die vom mmb Institut bereits 2015 in einer Studie beschrieben wurden.
  3. Online-Barcamps – hierbei handelt es sich um eine offene Konferenz, auf der die Teilnehmenden kurzfristig die Themen der Workshops bestimmen und diese gestalten können – als gemeinschaftlichen Lernprozess.

Eine kurze Erläuterung aller Lernformen werden wir in einem weiteren Blogbeitrag vornehmen.

Und? Wie gefällt Ihnen unsere neue Darstellungsweise zur „Vielfalt der Lernformen“? Würden Sie die Oberrubriken anders benennen und die Tools anders verteilen? Würden Sie weitere Lernformen aufnehmen – und andere streichen? Wir freuen uns über Ihr Feedback.

Beteiligt an dieser Arbeit des „mmb-Thinktanks“ waren: Dr. Ulrich Schmid, Dr. Lutz Goertz, Dr. Julia Hense, Dr. Lutz P. Michel, Hendrik Metz, Michael Georgi und als Critical Reviewer Dr. Jochen Robes.

Von: Dr. Lutz Goertz