So lautet der Titel eines ungewöhnlichen Fachbuchs von Wolfgang Reichelt, der seit mehr als 40 Jahren im berufspädagogischen Umfeld unterwegs ist und zu den Pionieren des digitalen Lernens in Deutschland gezählt werden kann. Ungewöhnlich ist das Buch vor allem deshalb, weil es die Historie des E-Learnings systematisch mit Geschichten verbindet und mit persönlichen Erfahrungen anreichert.

Diese Geschichten sind oft mit Reisen verknüpft – Fact Finding Missions, die den Autor zum Beispiel bereits in den 70er Jahren zur Apple University in Palo Alto oder später zum Scottish Council for Educational Technology geführt haben. Und sie sind verwoben mit persönlichen Erfahrungen aus vier Jahrzehnten professioneller Entwicklung von Lernanwendungen. Die umfangreiche Fachliteratur wird eher kursorisch betrachtet und am Ende jedes Kapitels präsentiert; im Zentrum steht das Erfahrungswissen – und dessen systematische Auswertung und Präsentation.

Der Einstieg in die persönliche Lernbiografie erfolgt über den Schwerpunkt „Lernorte und Lerntechnologien“ und behandelt sowohl analoge als auch virtuelle Lernorte. Die referierten Erfahrungen werden hier wie im Folgenden in „Lernkurven“ rekapituliert. Insgesamt 18 solcher Zusammenfassungen finden sich über das Buch verstreut.

Den Schwerpunkt des Buches bildet das zweite Kapitel „Digitale Medien zum Lehren und Lernen“. Von einfachen und spielerischen Anwendungen über komplexe Lehr- und Lernmedien führt hier der Weg. Dass es auch hier vor allem um die persönlichen Erfahrungen des Autors geht, verdeutlichen die vielen einprägsamen Geschichten, die das Kapitel anreichern.

Weitere Schwerpunktthemen sind „Lernarchitekturen und Lernszenarien“, etwa am Beispiel von Blended Learning-Konzepten in der beruflichen Bildung, „Kompetenzen für das Bildungspersonal“ – mit einem hochaktuellen Beitrag zu „KI als Herausforderung an die Medienpädagogik“ – sowie abschließend der Exkurs „Lernende Organisationen – Informelles Lernen“.

Wie es sich für einen erfahrenen Entwickler von Lernanwendungen geziemt, hat Reichelt sein Buch mit zahlreichen Textkästen versehen, in denen das erforderliche Fachwissen – etwa Begriffsdefinitionen oder Systematiken – übersichtlich präsentiert wird; dies ist zugleich ein hilfreicher Beitrag zur Ergebnissicherung bei dem Leser / der Leserin.

Das Buch ruht ebenso wie auch die Berufsbiografie des Verfassers auf drei Säulen: der Berufspädagogik, der Lerntechnologie und der Ökonomie. Was berufspädagogisch begonnen hat und über die Erkundung sowie die anschließende eigene Entwicklung von Lerntechnologien fortgeführt wurde, mündet spätestens mit der Gründung einer eigenen E-Learning-Firma (thinkhouse, später DEKRA Media) in ein ökonomisches Erfahrungsfeld, das etwa Geschäftsmodelle oder medienwirtschaftliche Produktionsroutinen umfasst. Auch mit dieser dreifachen Fundierung richtet sich der Band in erster Linie an Verantwortliche in berufspädagogischen Einrichtungen und ausbildenden Unternehmen sowie – und vielleicht ganz besonders – an Gründerinnen und Gründer von Start-up-Unternehmen im „Ed-Tech“-Sektor. Sie können von den lebendig beschriebenen und systematisch gesicherten Erfahrungen des Autors in besonderem Maße profitieren.

Eine Rezension von Dr. Lutz P. Michel